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Gärten des Mittelalters

Karl der Große machte den Anfang…

Mit dem Abzug der Römer scheint die Geschichte des Gartenbaus am Bodensee auf den ersten Blick zu enden. Aber der Eindruck täuscht.

Ein Mönch vom Bodensee bewahrt antikes Gartenwissen

Die verbliebene keltisch-römische Bevölkerung pflegt ihre Gewohnheiten weiter. Nicht nur der Weinbau überlebt, sondern auch die Erinnerung an die Gärten der Landsitze. Karl der Große gab ihr um 800 in seiner „Landgüterverordnung“ Gestalt. Ziergärten finden in der Schrift allerdings keine Erwähnung. Antikes Wissens über den Gartenbau wird kurze Zeit später auch auf der Reichenau schriftlich niedergelegt. Walahfrid Strabo, der spätere Abt des Inselklosters, beschreibt in einem Gedicht („Hortulus“, um 820) die Garten- und Feldarbeit seiner Zeit. Dabei zählt er 24 Pflanzen auf, die in „seinem“ Klostergarten kultiviert wurden. Eine Rekonstruktion des Gartens von Walahfrid Strabo lässt sich heute auf der Insel Reichenau (D) besichtigen.

Ebenfalls auf der Reichenau entstanden: Der St.Galler Klosterplan

Kein Wunder, dass ein heute in St. Gallen (CH) verwahrter klösterlicher Idealplan (sog. „St. Galler Klosterplan“, um 820) ebenfalls auf der Reichenau entstand. Er bewahrt in vielen Bereichen das antike Erbe des Gartenbaus. Bei einem Besuch in der St. Galler Stiftsbibliothek (CH) steht man staunend vor dem Klosterplan. St. Gallen wie die Insel Reichenau zählen zu den UNESCO-Welterbestätten.

Ein paar hundert Jahre später: Gärten nur für die Sinne!

Einen ersten nachantiken Lustgarten beschreibt im 13. Jahrhundert der aus Lauingen an der Donau stammende Dominkanerbruder Albertus Magnus. Er ist am Bodensee kein Unbekannter und verkehrt auch in den Klöstern am Untersee. In seinem Traktat über die Pflanzen beschreibt er einen Garten, der ausschließlich den Sinnen dient: ein Wiesenquadrat mit einem Brunnen in seiner Mitte, umgeben von Duftpflanzen und durchsetzt von Rasenbänken.

Grünanlagen als Statussymbole

Diese Idee greift Pietro de Crescenzi in seiner Schrift über die Landwirtschaft auf (um 1304) und erweitert sie um Gärten für Personen mittleren Standes und für den Adel. Sein Werk wurde bis ins 17. Jahrhundert häufig übersetzt und gilt als eine der wichtigsten Schriften für Gartenbau in Europa. Wertvolle Exemplare davon bewahren z.B. die Thurgauer Kantonsbibliothek (CH-Frauenfeld) und die Bibliothek des Heinrich Suso Gymnasiums (D-Konstanz). Sie stammen aus dem Besitz von später aufgelösten Klöstern unserer Region. Wie schon zu römischer Zeit entwickeln sich Gärten im späten Mittelalter zu einem Statussymbol der gehobenen Gesellschaft. Wer Rang und Namen besaß oder zu Geld gekommen war, leistete sich einen Landsitz unweit seiner Heimatstadt. Dort ließ er zur Erbauung einen Garten anlegen.

Ein Patriziergarten zum Verlieben

Ein schönes Beispiel bietet der „Narrenberg“ unweit von Konstanz (heute CH-Arenenberg). Später hauptsächlich als Exilsitz der Bonapartes in die Geschichte eingegangen, besaß er schon im Mittelalter eine große Bedeutung als Landgut wichtiger Geschlechter am Bodensee. Auf der Anlage befindet sich heute an historischer Stelle die Rekonstruktion eines solchen mittelalterlichen Patrizier-Gartens nach den Anweisungen des Albertus Magnus bzw. Pietro de Crescenzi.

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